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Widerstandskennlinien in kritischen Tragwerksbereichen kollabierender Stahlbetonsysteme bei Abbruchvorgängen

Teilprojekt 3 der Forschergruppe 500: "Computergestütze Destruktion komplexer Tragwerke durch Sprengung"

Absprechpartner

Dr.-Ing. Sebastian Höhler

Ziel der Forschergruppe

Die Forschergruppe hat die Entwicklung von Simulationsmodellen für das Sprengen von komplexen Tragwerken zum Ziel, wobei insbesondere Stahlbetonbauten betrachtet werden. Mit diesen Modellen werden realitätsnahe Computersimulationen ermöglicht, die zur Entwicklung fundierter und abgesicherter Destruktionsstrategien für die sichere und wirtschaftliche Sprengung komplexer Tragwerke dienen. Zur Umsetzung der genannten Zielsetzungen wird die Sprengung als Mehrebenenproblem (Multi-Level-Problem) modelliert, das dann durch den Einsatz moderner Methoden der Ingenieurinformatik sowie der computerorientierten Mechanik gelöst wird. Das Mehrebenenproblem besteht im Wesentlichen aus drei Problemebenen: Auf einer ersten Problemebene (lokale Ebene) wird der lokale Sprengvorgang detailliert modelliert, so dass die durch Sprengladungen lokal eintretenden Zerstörungsphänomene realitätsnah abgebildet werden können. Auf einer zweiten, mittleren Ebene (Nahbereichsebene) werden die Auswirkungen der Zerstörungen auf das nähere Umfeld innerhalb der Struktur untersucht. Aufbauend auf der ersten und zweiten Ebene werden auf einer dritten Problemebene (globale Ebene) die Kollapsvorgänge des Gesamttragwerkes - unter Berücksichtigung der dabei auftretenden Versagens- und Stoßvorgänge - modelliert. Die Simulationsmodelle berücksichtigen des Weiteren Daten- und Modellunschärfe der verschiedenen Ebenen, da ein wesentlicher Teil der betrachteten Größen bzw. Mechanismen in der Regel nicht-deterministisch ist.

Inhalte und Ziele des Teilprojekte

Die Berechnung von Kollapsvorgängen von Stahlbetontragwerken mit Hilfe spezieller Mehrkörpersysteme bedingt die Einbindung nichtlinearer Last-Verformungsbeziehungen zur Abbildung eines stahlbetonähnlichen Verhaltens. Der Schwerpunkt der im Teilprojekt 3 erfolgenden Arbeit ist die Berechnung dieser Last-Verformungsbeziehungen, in der Forschergruppe benannt als Widerstandskennlinien.

Die Berechnung erfolgt an Teilen des Gesamtsystems mit Hilfe der Methode der Finiten Elemente. Die nötigen Material- und Elementmodelle werden dazu weiterentwickelt und den spezifischen Gegebenheiten angepasst. Die Berechneten Widerstandskennlinien werden in Zusammenarbeit mit dem Teilprojekt 5 beim Aufbau des Mehrkörpermodells verwendet. Durch die im Bauwerk vorherrschenden "Unregelmäßigkeiten" und der meist dürftigen Aktenlage von zu  sprengenden Bauwerken, ist die Unschärfe der  Material- und Geometriedaten ein wesentlicher Punkt bei der Simulation des Kollapsvorganges.

In Zusammenarbeit mit dem Teilprojekt 4 wird dieser Problematik Rechnung getragen indem die Berechnung der Widerstandskennlinie mit unscharfen Eingangsparametern durchgeführt wird um somit einen Großteil der möglichen Versagensfälle abzubilden. Die Arbeit der 2. Förderphase hat die Berechnung und Aufbereitung von Widerstandskennlinien für die globale Kollapssimulation durch TP5 als Zielsetzung.

Die Arbeiten der 1. Förderphase wurden dabei fortgesetzt und durch die Arbeitspakete der 2. Förderphase ergänzt. Dabei stellte sich heraus, dass das in der 1. Förderphase verwendete Volumenschalenelement mit seiner Mehrschichtenkinematik eine unzureichende Abbildungsqualität der realen Struktur bei komplexeren Bauteilen besitzt. Vor allem die "verschmierte" Stahllage in nur zwei Richtungen ist bei der Modellierung von Knotenpunkten und Bügelbewehrung nicht anwendbar. Es wurde die Entscheidung getroffen weitere Elemente
(8-Knotiges Volumenelement sowie ein 3D-Stabelement) an das Material anzubinden um die gewünschte
Abbildungsqualität zu erreichen.

Die Modellierung der komplexen Tragstrukturen mittels spezieller Mehrkörper und die Simulation des Kollapsvorganges durch das TP5. Durch die Verwendung von Kraftelementen, welche mit nichtlinearen
Widerstandskennlinien "verknüpft" werden, entsteht ein angenähertes Strukturverhalten für die Stahlbetonkonstruktion. Die Abbildung eines derart inhomogenen Materials wie Stahlbeton und durch
die komplexen Versagensmechanismen der Strukturen sind sinnvolle Modellierungsvorschriften für Subsysteme nötig. Dabei wurde das Fachwissen über Stahlbeton des Teilprojektes 3 mit eingebracht
und erste Ansätze für die Modellierungen entwickelt.

Weiterführende Literatur

Höhler, S.: Zur Modellierung von Stahlbetonkonstruktionen mittels spezieller Mehrkörpersysteme unter statischen und kollapsdynamischen Aspekten, Dissertation, Fakultät für Bau- und Umweltingenieurwissenschaften, Ruhr-Universität Bochum, 2008.